Sonntag, 23. Juli 2017

Drei Sachbücher und ein Roman














Liebe Lesefreunde und Lesefreundinnen

Heute möchte ich euch gern drei Sachbücher und einen Roman vorstellen, die ich in der letzten Zeit gelesen habe.
Die ersten beiden Sachbücher sind von Tali Sharot und heissen Die Meinung der Anderen und Das optimistische Gehirn. Tali Sharot ist eine Neuropsychologin aus Israel, die sich seit zwei Jahrzehnten mit dem Einfluss des Gehirns auf unser Denken, Handeln und Fühlen beschäftigt. Heute forscht und lehrt sie am University College London.
Im ersten Buch geht sie der Frage nach, wie und warum Versuche, das Verhalten anderer Menschen zu beeinflussen, gelingen oder eben nicht. Wie hat Trump es geschafft, massiv Einfluss auf seine Wählerschaft zu nehmen, während es einem Arzt nicht gelingt, einen Patienten zu mehr Bewegung und weiniger Rauchen zu bewegen? Anhand ihrer psychologischen, neurowissenschaftlichen und verhaltensökonomischen Forschungen zeigt Sharot auf, dass die Beeinflussung anderer Menschen ohne Kenntnisse der Funktionsweise der verschiedenen Teile des menschlichen Gehirns nicht oder nur bruchstückhaft funktioniert. Um es auf einen einfachen Nenner zu bringen: Mit Zahlen und Fakten erreicht man praktisch nichts?
Im zweiten Buch zeigt Sharot auf, dass unser Gehirn eine automatische Tendenz hat, uns ein tendenziell optimistisches Denken einzugeben. Es scannt nicht die Realität eins zu eins, sondern formt sie um, so dass sie uns freundlicher erscheint als sie aller Wahrscheinlichkeit nach ist. Anhand einer grossen Anzahl von Untersuchungen belegt sie diese These und leitet sie, wie in dem obigen Buch, aus der Funktionsweise unseres Gehirns ab, das dem Überleben des Individuums und unserer Art dient. Woher nehmen Menschen den Optimismus, dass die neue Beziehung nach der zweiten Scheidung garantiert besser sein wird, als die vorherigen? Was lässt sie die Wahrscheinlichkeit einer Krebserkrankung, von Arbeitslosigkeit, Partnerverlust wesentlich tiefer einschätzen, als sie tatsächlich ist? Warum schätzen die Menschen die allgemeine politische und wirtschaftliche Lage meist pessimistisch, ihre eigene aber optimistisch ein? Sharot zeigt auf, dass dieser Mechanismus nicht Ausdruck intellektueller Beschränktheit, sondern Teil eines notwendigen Überlebensmechanismus ist, da wir sonst nicht überleben könnten.
Die beiden Bücher sind voll wichtiger Informationen und Tali Sharot schreibt flüssig und verständlich. Es sind zwei Sachbücher, die einerseits lehrreich und andererseits sehr unterhaltsam sind. Ich habe sie mit grossem Interesse verschlungen.

 

Das dritte Sachbuch behandelt eher ein unerfreuliches Thema, und zwar eines, das heute wohl fast die ganze Welt beschäftigt. Es heisst Die Akte Trump und geschrieben ist es von David Cay Johnston. Johnston ist ein investigativer Journalist, der Donald Trump von Anbeginn seiner Laufbahn als Immobilientycoon begleitet hat. Und um die Zusammenfassung vorwegzunehmen: Trump ist durch und durch ein Halunke! Anhand einer Fülle von Material belegt Johnston, wie Trump mit Betrug, Steuerhinterziehung, Druck, Erpressung und tausendfachen juristischen Verfahren sein Vermögen zusammengerafft hat, von dem bis heute keiner weiss, wie gross es wirklich ist. Mit psychologischen, bzw. psychiatrischen Begriffen gesprochen, muss man Trump als extrem ich-bezogen, grössenwahnsinnig extrem rachsüchtig beschreiben. Diese Aussage ist natürlich nicht neu, aber es war für mich doch sehr aufschlussreich, mehr über seine Entwicklung und Herkunft aus dem mafiösen Milieus zu erfahren. 

 


Schliesslich noch der Roman, den ich euch vorstellen möchte. Er heisst Das Biest und geschrieben hat es der niederländische Autor Adri van der Heijden. In dem Buch wird die Geschichte von Tante Tientje erzählt, die immer und überall ein gelbes Staubtuch mit sich führt, mit dem sie immer wieder tatsächlichen oder imaginären Staub wegwischt. Tientje hat das, was man einen bösen oder miesen Charakter nennen kann, mit dem sie ihre Umgebung malträtiert. Anfänglich bleibt ihr Verhalten fremd und eher abstossend; nach und nach wird aber deutlich, welche schweren Traumatisierungen aus ihrer Kindheit und Jugend sie antreiben. Die Geschichte spielt vor dem Hintergrund des bigott-protestantischen Milieus der fünfziger und sechziger Jahre in Holland. Tientje kann beschrieben werden als eine Frau, die nicht bereit ist, das ihr angetane Unrecht im Interesse des allgemeinen Friedens unter den Tisch zu kehren. Das brachte sie mir beim Lesen zwar nicht unbedingt näher, ihr Verhalten wurde aber verständlich. Das Buch ist für mich eine sehr lesenswerte Charakterstudie eines gequälten Menschen. 

Ich wünsche euch allen  erfreuliche, lhrreiche und spannende Leseerfahrungen