Sonntag, 1. April 2018

Ein paar Lesetipps aus meiner Leseecke






 Liebe Lesefreundinnen, liebe Lesefreunde

Lange habe ich nichts von mir hören lassen. Das hatte nichts damit zu tun, dass ich nicht gelesen hätte. Ganz im Gegenteil! Gelesen habe ich schon, aber im Hinblick auf meinen anstehenden Sprachaufenthaltes in Shanghai habe ich mich sehr mit Literatur aus und über China beschäftigt, und das dünkt mich für viele nicht so interessant. Am kommenden Wochenende beginnt die Reise und ich werde euch danach einige Lesevorschläge machen.

Die rothaarige Frau: Roman
 

Trotzdem habe ich zwischendurch natürlich auch noch ein paar andere interessante Bücher gelesen. Da ist zum einen der letzte Roman von Orhan Pamuk mit dem Titel Die rothaarige Frau. Pamuk beschreibt in dem Buch die Geschichte von Cem, der bei einem Brunnenbauer in die Lehre geht, um ihm bei einem Bohrprojekt in der Nähe eines kleinen Orts ausserhalb Istanbuls zu helfen. Hier bekommt er Kontakt zu einer rothaarigen Frau, in die er sich verliebt. Nach einem schrecklichen Unfall am Bohrloch flieht Cem. Im weiteren Verlauf des Buches schildert Pamuk, wie Cem sich ein Leben als Ingenieur aufbaut. Ich beschreibe die Handlung absichtlich so vage, um möglichst wenig zu verraten. Bis zum Unfall am Bohrloch habe ich das Buch mit Spannung gelesen. Das Bestreben von Cem, von seinem Meister anerkannt zu werden, hat mich sehr berührt. Im weiteren Verlauf des Buches bekam ich zunehmend den Eindruck, dass Pamuk gefangen ist von dem Bestreben, die  Handlungen seiner Protagonisten mit der Ödipusthematik zu verweben. Dadurch bekam die Handlung für mich etwas Konstruiertes und Voraussagbares. Bevor ihr euch auf Grund meiner Aussagen gegen das Buch entscheidet, würde ich euch raten, auch die Kritiken unter www.perlentaucher.de zu lesen.

Der letzte Schnee

 
Mit anfänglicher Skepsis und zunehmender Begeisterung habe ich von Arno Camenisch das Buch Der letzte Schnee gelesen. Zwei Männer werden beschrieben, die an einem Skilift arbeiten in einem Skigebiet, das auf Grund des Klimawandels zunehmend an Bedeutung verliert mit der Konsequenz, dass das Gebiet inklusive dem Dorf und der Talschaft stirbt. Die zwei Protagonisten werden von Camenisch als einfache Personen dargestellt, die im Grunde nicht wirklich verstehen, was um sie herum passiert. Da der Autor auch versucht, im Sprachcode der beiden zu schreiben, war ich zunächst etwas ambivalent, da ich zunächst das Gefühl hatte, er mache sich lustig über sie. Mir kam beim Lesen immer der Kabarettist Joachim Rittmeyer in den Sinn. Dieser Eindruck verflüchtigte sich aber sehr schnell. Camenisch beschreibt die beiden in ihrer fast schon tragischen Lebenssituation mit sehr viel Empathie und Liebe. Das Buch finde ich sehr lesenswert.

 Sturm und Stille

 
Noch ein letztes Buch möchte ich erwähnen. Es heisst Sturm und Stille, geschrieben hat es Jochen Missfeld. Wer ein Faible hat für die Nordsee, Schleswig Holstein und Theodor Storm, dem kann ich dieses Buch sehr empfehlen. Missfeld, ein ehemaliger Bundeswehrpilot, der bereits eine Storm-Biografie geschrieben hat, beschreibt in dem Buch die Geschichte der Dorothea Jenssen, die über viele Jahre die Geliebte von Storm war, und ihn schliesslich heiratete,  nachdem dessen Frau nach der Geburt des siebten Kindes gestorben war. Über das Leben der Dorothea Jenssen ist nur wenig bekannt. Missfeld schreibt das Buch in Form einer Autobiografie, in die er reale und erdichtete Ereignisse einflicht. Geschrieben ist es im Sprachstil und der Denkweise des mittleren 19. Jahrhunderts. Obwohl ich die Sprache manchmal etwas sehr beschaulich gefunden habe, hat mir das Buch sehr gefallen, beschreibt Missfeld darin doch eindrücklich das Leben einer Frau, die aufgrund gesellschaftlicher Normen zu einem schweren Leben gezwungen war, das sie mit grosser Stärke und Durchsetzungskraft bewältigte. Und natürlich hat mir die Lektüre auch als ehemaliger Schleswig-Holsteiner Spass gemacht.