Liebe Lesefreunde
Heute berichte ich
euch vom neusten Roman von Ian McEwan mit dem Titel 'Nussschale'. Die
Geschichte handelt von der hochschwangeren Trudy, die im Haus ihres Mannes mit
dessen Bruder als ihren Liebhaber lebt. Beide verfolgen einen finsteren Plan, nicht
ahnend, dass in dem ungeborenen Kind ein geistig und intellektuell hoch entwickeltes
Wesen steckt, das alles mitbekommt, was in seiner Umgebung gesprochen wird. (Lewinsky
lässt grüssen!) So entfaltet sich eine Geschichte voll von List, Verrat,
Leidenschaft, durchzogen von Situationen voller Komik und Witz.
In der Kritik
wird der Roman sehr unterschiedlich bewertet. Im Literaturclub vom 15.11.
reichte das Spektrum der Meinungen von grosser Begeisterung bis hin zu starker
Ablehnung. Auch bei mir hat der Roman einen zwiespältigen Eindruck
hinterlassen. McEwan gehört unzweifelhaft zu den Autoren, die eine immense
Sprachkraft besitzen, die mit wenigen Sätzen Personen und Situationen meisterhaft
beschreiben können, die mit intellektuellem Scharfsinn eine Fülle von Gedanken
und Beobachtungen einstreuen. Mein Vorbehalt richtet sich gegen die zentrale
Figur des noch nicht geborenen Kindes, aus dessen Warte die Geschichte erzählt
wird. McEwan gelingt es nicht, die spezielle Situation des Fötus auf der einen
Seite und des voll entwickelten Verstandes auf der anderen zu entwickeln und
literarisch zu nutzen. So nutzt sich das Motiv mit der Zeit ab und es bleibt
'nur' die Spannung einer thrillermässigen Geschichte, die dem Level von McEwan
eigentlich nicht entspricht. Kurz zusammengefasst: Ich bin ein grosser McEwan-Fan und Nussschale ist sicher nicht sein bester Roman.