Liebe
Lesefreundinnen, liebe Lesefreunde
Heute möchte ich
euch ein Buch empfehlen, das sich mit der aktuellen Thematik des Kampfes
zwischen Tradition und Moderne, angesiedelt im Spannungsfeld der Welt des Islams
und des liberalen Westens, beschäftigt. Es heisst Der Geruch des Paradieses, geschrieben hat es Elif Shafak, erschienen ist es im Verlag Kein & Aber.
Shafak beschreibt
das Leben von Peri, die in den Achtzigerjahren in Istanbul aufwächst. Während
ihre Mutter eine strenggläubige Muslima ist, strebt ihr religionskritischer Vater
den Prinzipien des Kemalismus nach, was sich besonders darin zeigt, die er
seiner Tochter die bestmögliche Bildung zukommen lassen will. Peri ist hin- und
hergerissen zwischen den Bildungsanliegen des Vaters und der Mutter, die ihr
ein gottesfürchtiges, auf die Rolle der Hausfrau und Mutter zugeschnittenes
Frauenbild vermitteln möchte. Ihr Leben in Istanbul ist geprägt von dem
Konflikt zwischen den Eltern und ihrer Suche nach ihrer Identität.
Aufgrund ihrer Intelligenz
und Zielstrebigkeit bekommt sie einen Studienplatz in Oxford und kommt in Kontakt
mit Mitstudierenden, die ebenfalls aus dem islamischen Raum stammen, aber ganz
andere Wege gefunden haben, damit umzugehen. Sie wird in ein Seminar eines
umstrittenen Professors Azur aufgenommen, der mit ungewöhnlichen,
verunsichernden und radikalen Methoden dem Thema 'Gott' nachgeht. Aufgrund von
Umständen, die ich nicht verraten möchte, bricht sie das Studium ab und geht
zurück nach Istanbul.
Die Geschichte oszilliert
zwischen drei Zeitebenen, zum einen die ihrer Kindheit in den Achtzigerjahren in
Istanbul, dann die des Stadiums in Oxford um die Jahrtausendwende und die der
Gegenwart, wieder in Istanbul.
In dem Buch
werden viele Themen, eingebettet in eine gut komponierte Handlung,
ausgebreitet. Es geht um das alte und das gegenwärtige Istanbul, um die Frage
des religiösen Lebens vs. einer aufgeklärten Lebensform, um die Identitätssuche
eines jungen Mädchens in diesem Gefüge, und um die verzweifelte Suche dieses
Mädchens nach einem Gottesbild, das die Widersprüchlichkeit ihrer Wahrnehmungen
und das festgefügte Bild ihrer Mutter in Einklang zu bringen versucht.
Verschwiegen
werden soll nicht, dass das Buch nicht frei von Längen ist und die Geschichte
bisweilen etwas abflacht. Erkenntnisgewinn und Lesegenuss wiegen die Schwächen
auf. Die Lektüre lohnt sich!