Dienstag, 28. Februar 2017

Die Geschichte einer Frau zwischen Tradition und Moderne




 










Liebe Lesefreundinnen, liebe Lesefreunde
Heute möchte ich euch ein Buch empfehlen, das sich mit der aktuellen Thematik des Kampfes zwischen Tradition und Moderne, angesiedelt im Spannungsfeld der Welt des Islams und des liberalen Westens, beschäftigt. Es heisst Der Geruch des Paradieses, geschrieben hat es Elif Shafak, erschienen ist es im Verlag Kein & Aber.
Shafak beschreibt das Leben von Peri, die in den Achtzigerjahren in Istanbul aufwächst. Während ihre Mutter eine strenggläubige Muslima ist, strebt ihr religionskritischer Vater den Prinzipien des Kemalismus nach, was sich besonders darin zeigt, die er seiner Tochter die bestmögliche Bildung zukommen lassen will. Peri ist hin- und hergerissen zwischen den Bildungsanliegen des Vaters und der Mutter, die ihr ein gottesfürchtiges, auf die Rolle der Hausfrau und Mutter zugeschnittenes Frauenbild vermitteln möchte. Ihr Leben in Istanbul ist geprägt von dem Konflikt zwischen den Eltern und ihrer Suche nach ihrer Identität.
Aufgrund ihrer Intelligenz und Zielstrebigkeit bekommt sie einen Studienplatz in Oxford und kommt in Kontakt mit Mitstudierenden, die ebenfalls aus dem islamischen Raum stammen, aber ganz andere Wege gefunden haben, damit umzugehen. Sie wird in ein Seminar eines umstrittenen Professors Azur aufgenommen, der mit ungewöhnlichen, verunsichernden und radikalen Methoden dem Thema 'Gott' nachgeht. Aufgrund von Umständen, die ich nicht verraten möchte, bricht sie das Studium ab und geht zurück nach Istanbul.
Die Geschichte oszilliert zwischen drei Zeitebenen, zum einen die ihrer Kindheit in den Achtzigerjahren in Istanbul, dann die des Stadiums in Oxford um die Jahrtausendwende und die der Gegenwart, wieder in Istanbul.
In dem Buch werden viele Themen, eingebettet in eine gut komponierte Handlung, ausgebreitet. Es geht um das alte und das gegenwärtige Istanbul, um die Frage des religiösen Lebens vs. einer aufgeklärten Lebensform, um die Identitätssuche eines jungen Mädchens in diesem Gefüge, und um die verzweifelte Suche dieses Mädchens nach einem Gottesbild, das die Widersprüchlichkeit ihrer Wahrnehmungen und das festgefügte Bild ihrer Mutter in Einklang zu bringen versucht.
Verschwiegen werden soll nicht, dass das Buch nicht frei von Längen ist und die Geschichte bisweilen etwas abflacht. Erkenntnisgewinn und Lesegenuss wiegen die Schwächen auf. Die Lektüre lohnt sich!

Samstag, 18. Februar 2017

Ein fulminanter Zeitgeist-Roman




 










Liebe Lesefreundinnen, liebe Lesefreunde
Heute möchte ich euch ein Buch vorstellen, bei dem ich lange gezögert habe, ob ich es euch präsentieren soll. Es heisst Apollokalypse, und geschrieben hat es Gerhard Falkner. Es handelt sich um einen Roman, der in den Siebziger- bis Neunzigerjahren hauptsächlich in Berlin und in weiteren Orten in Westdeutschland und den USA spielt. Beschrieben wird das Leben einer Gruppe junger kreativ Tätiger, die, aus dem damaligen Westdeutschland kommend, in ein Berlin eintauchen, das vom Geist ungebremster, ausschweifender Lebenslust und -gier, der Suche nach neuen Lebens- und künstlerischen Ausdrucksformen und dem Agieren der RAF geprägt war.
Warum habe ich gezögert? Das Buch ist einerseits ein fulminanter Zeitgeist-Roman, der das Berlin und die Aufbruchsstimmung der damaligen Zeit intensiv wieder aufleben lässt. Da ich zu der Zeit selber in Berlin lebte, konnte ich eintauchen in eine Vergangenheit, die mich selber sehr beeinflusst hat. Falkner schreibt mit einer sprachlichen Kraft, die überwältigend ist. Wie er seine Personen, das Berlin der damaligen Umstände, Handlungen, Landschaften beschreibt ist bisweilen schlicht atemberaubend. Und zwar so sehr, dass es mich bisweilen ermüdet hat. Beim Lesen schwankte ich immer wieder zwischen Begeisterung einerseits und dem Bedürfnis nach mehr sprachlicher Schlichtheit andererseits, oder wie es ein Mitglied meiner Lesegruppe ausdrückte: Manchmal wäre es schön, wenn ein Tisch einfach nur ein Tisch sein könnte. Ein zweiter Kritikpunkt betrifft die ermüdende, repetitive Beschreibung von Kopulationsszenen. Das Ausleben einer befreiten, vielfältigen und facettenreichen Sexualität war ein zentrales Merkmal der damaligen Zeit. Trotzdem hat es mich mit der Zeit nicht mehr interessiert, wer mit wem und wie.
Fazit: Wer etwas über die damalige Zeit in Berlin erfahren möchte, dem sei das Buch wärmstens empfohlen. Man stelle sich aber auf eine 'unvergleichliche Sprachmächtigkeit' (Zitat Klappentext) und die vielfältigen sexuellen Vereinigungen ein.

Mittwoch, 8. Februar 2017

Ein spannender Roman über ein wichtiges historisches Thema



 











Liebe Lesefreundinnen und Lesefreunde
Heute möchte ich euch ein Buch vorstellen, das mich sehr beeindruckt hat. Es heisst 'Das Brot der Rache', geschrieben hat es der Berliner Autor Harro Pischon. Der Roman beschäftigt sich mit einer Thematik, die bisher nicht in meinem Fokus war. Es geht um das Thema der Rache, und zwar einer Rache, die eine Gruppe von Juden an den Deutschen nehmen wollte dafür, dass sechs Millionen ihrer Brüder und Schwester durch das Morden der Deutschen ums Leben gekommen sind. Der Hintergrund der Geschichte und die meisten Personen des Romans sind authentisch und historisch belegt (nachzulesen bei Wikipedia unter dem Stichwort Nakam). Die historischen Fakten und Personen und die fiktiven Romanfiguren sind glaubhaft miteinander verwoben und die Geschichte ist spannend geschrieben. Für mich ist das Buch ein gelungenes Beispiel für einen historischen Roman, der zum einen wichtige Informationen vermittelt, damit zur geschichtlichen Bildung beiträgt und gleichzeitig spannend unterhält. Kann ich also empfehlen.