Liebe
Lesefreundinnen, liebe Lesefreunde
Heute möchte ich
euch gerne zwei Bücher vorlegen, die ich in der letzten Zeit mit Spannung und
Interesse gelesen habe. Das erste ist der neuste Roman von Julian Barnes und trägt den Titel Der Lärm der Zeit. In dem Werk geht es um das Schicksal des
russischen Komponisten Schostakowitsch, der nach anfänglicher Verehrung unter
Stalin in Ungnade fällt und in permanenter Angst vor Verhaftung und Ermordung
lebt. Das Buch kann unter verschiedenen Blickwinkeln gelesen werden. Da ist zum
einen der mehr biografische Blickwinkel des Komponisten Schostakowitsch, der
unter extrem bedrückenden und bedrohlichen Verhältnissen versucht, seine Musik
zu schreiben und einfach nur zu überleben, was ihm gelingt, aber zu einem Preis,
an dem er fast zugrunde geht. Man kann das Buch aber auch als Analyse eines
tyrannischen Systems lesen, das die Menschen in einem Zustand permanenter
Todesangst hält, um sie beherrschbar zu machen. Die Darstellung beider Ebenen
ist Barnes hervorragend gelungen. Ich kann das Buch sehr empfehlen.
Der zweite Roman,
den ich euch vorstellen möchte stammt von Toni
Morrison und trägt den Titel Gott
hilf dem Kind. Es ist das neuste Werk der hochbetagten Autorin, die sich in
ihrem literarischen Schaffen immer wieder mit den Auswirkungen des
Rassenkonflikts in den USA beschäftigt hat. Wenn ich jetzt mit einer eher
kritischen Würdigung komme, dann wird es mir etwas unwohl zumute, kritisiere
ich damit doch einer der grossen amerikanischen Schriftstellerinnen, eine
Nobelpreisträgerin…
Der Roman beginnt
damit, dass die hellhäutige Sweetness ein tiefschwarzes Baby bekommt, das sie
von der Geburt an zutiefst verabscheut. Mit unerbittlicher Härte und Strenge
erzieht Sweetness das Kind Lula Ann zu einem Leben in Anpassung und
Unterwerfung. Lula jedoch, die sich zu einer bildhübschen Frau entwickelt und
in der Kosmetikbranche erfolgreich Karriere macht, widersetzt sich diesem
Diktat. Als ihr Partner sie verlässt und verschwindet, macht Lula Ann, die sich
werbewirksam Bride nennt, auf die Suche nach ihm und damit auch nach sich
selber. Diese Suche ist geprägt von Erfahrungen von Gewalt, Verrat, Misshandlung,
bedingungsloser Liebe, und dies zusammengepfercht auf 200 Seiten. Diese Kürze
bewirkt nach meinem Eindruck, dass den Personen bisweilen die wünschbare Tiefe
fehlt. Ich kritisiere ja immer wieder die ausufernd dicken Romane, die in er letzten Zeit vermehrt gescghrieben werden, aber bei diesem
hätte ich mir etwas mehr Ausarbeitung der Protagonisten gewünscht. Diese Kritik ändert aber nichts daran, dass ich das Buch mit Spannung gelesen habe.
Falls jemand von
euch den Roman gelesen hat wäre ich froh um eine Rückmeldung.