Liebe Lesefreunde
Nach über drei
tollen Wochen bin ich wieder zurück aus den Ferien. Unsere Reise führte uns
zunächst nach Oslo (mit der Fähre von Kiel, wunderbar!), danach zurück nach
Kiel und weiter nach Mecklenburg-Vorpommern, wo wir zwei wunderschöne Wochen
auf einem alten Herrensitz in der Nähe der Ostsee verbracht haben.
Natürlich habe
ich während der Zeit auch gelesen. In Oslo (übrigens eine sehr sehenswerte
Stadt voll spannender Architektur und netten Menschen) habe ich von Jo Nesbö
den Krimi 'Das Rotkehlchen' gelesen. Es war meine erste Begegnung mit Nesbö,
und sie hat sich gelohnt. Die Handlung erstreckt sich über den Zeitraum vom 2.
Weltkrieg bis in die Gegenwart. Vor dem Hintergrund der Thematik der
Kooperation vieler Norweger mit den Nazis wird eine spannende, manchmal fast
nicht mehr durchschaubare Geschichte erzählt, in der es um Mord (natürlich) und
um ein Verwirrspiel mit unklaren Identitäten geht. Neben der sehr lesenswerten
psychologischen Komponente erfährt der Leser viel über die wohl wenig aufgearbeitete
Geschichte Norwegens im 2. Weltkrieg. Insofern ist der Roman auch historisch
sehr interessant.
Schon als
Vorbereitung auf unsere Reise nach Mecklenburg-Vorpommern hatte ich meine
Lesegruppe dazu animiert, den Roman 'Der Stechlin' von Theodor Fontane zu lesen.
Glücklicherweise hat sie sich darauf eingelassen, und wir haben uns das Hörbuch
vorgenommen, in dem der deutsche Schauspieler Gert Westphal die Geschichte vom
alten Stechlin am Stechlinsee in Brandenburg aufleben lässt. Das Buch ist eine
reine Freude! Sie ist erzählt in dem unnachahmlich, eleganten Erzählstil, den
Fontane so gut beherrschte, und man kann als Leser bzw. Hörer eintauchen in die
ländlich-adlige Gesellschaft Preussens am Ende des 19. Jahrhundert, als die alte
Welt zunehmend durch die wirtschaftlichen, technischen und politischen
Umwälzungen infrage gestellt wurde. Vor lauter Begeisterung sind wir um den
Stechlinsee, den es tatsächlich gibt, gewandert. Er liegt, wunderbar von Wald eingebettet,
nördlich von Berlin und kann in vier Stunden umwandert werden. Ein Erlebnis der
besonderen Art und sehr empfehlenswert!
Vor lauter
Begeisterung für den Stechlin habe ich mir dann grad noch den Roman 'Irrungen
und Wirrungen', ebenfalls von Fontane, vorgenommen. Es handelt sich um die
Geschichte einer Liebesbeziehung zwischen Botho, einem Spross aus adliger Familie
und Lene, einer Frau 'aus dem Volke'. Da Botho und seine Familie materiell
schlecht gestellt sind, drängt sich die Heirat mit einer vermögenden Cousine
auf, wodurch mit einem Schlag alle finanziellen Sorgen vorbei sind. Fontane
schildert die inneren Kämpfe vor dem Hintergrund der zwingenden Normen und Erwartungen
der adligen brandenburgischen Familien. Letztlich geht es Fontane, der wohl
eher als konservativ eingestuft werden muss, um das Thema der Ordnung, die in gesellschaftlichen
und persönlichen Verhältnissen herrschen soll. Obwohl 'Irrungen und Wirrungen'
nach meinem Eindruck nicht an den Stechlin heranreicht, gibt er doch einen
tiefen Einblick in das Denken und Fühlen der Betroffenen. Und, wie schon
erwähnt, Fontanes Sprache ist ein Genuss!
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