Liebe Lesefreunde
Heute möchte ich
euch von zwei Büchern aus ganz unterschiedlichen Welten berichten. Das eine
heisst: Eine Liebe im Kaukasus und ist geschrieben von Alissa Ganijewa, das
andere heisst: Die Vegetarierin, und ist von der südkoreanischen Schriftstellerin
Han Kang. Beide Bücher haben mich beeindruckt, deswegen möchte ich euch davon
berichten.
Das erste Buch
spielt in Dagestan, einem Land, von dem ich bisher nicht viel wusste. Es ist
eine russische Republik und liegt eingeklemmt zwischen Georgien, Südrussland
und dem Kaspischen Meer. Es beschreibt die Liebesgeschichte von Patja und Marat.
Beide leben in Moskau und kommen in ihren Heimatort zurück. Patja ist bereits
fünfundzwanzig und damit in der Augen ihrer Eltern an der Grenze zur alten
Jungfer. Die ganze Sorgen und Trachten der Eltern der beiden ist darauf
gerichtet, ihre Kinder zu verheiraten. Ohne Rücksicht auf die Wünsche und Vorstellungen
der beiden wird organisiert, manipuliert und gemauschelt. Dabei ist er Druck
der Eltern und Familie, verbunden mit den traditionellen Rollenvorstellungen
und Bildern so stark, dass die beiden sich dem fast nicht entziehen können. In
teils beklemmenden, teils grotesken, teil auch berührenden Szenen wird der Kampf
der beiden um ihr Eigenständigkeit im Spannungsfeld zwischen ländlich-
archaischen Vorstellungen und der Moderne in Moskau beschrieben. Sehr lesenswert!
Auch im zweiten
Buch geht es um den Kampf um Autonomie, allerdings auf eine ganz andere Art.
Die Autorin beschreibt darin das Leben von Yong-Hye, die mit ihrem Mann, dessen
Interesse an ihr sich darauf beschränkt, dass sie ihn bekocht und gelegentlich
mit ihm schläft, in Seoul eine unscheinbare, unauffällige Existenz lebt. Eines
Tages beschliesst sie, kein Fleisch mehr zu essen, was in dem offenbar
fleischbessenen Südkorea völlig aus dem Rahmen fällt. Alle Versuche ihres
Mannes, ihrer Familie und ihres autoritär-gewalttätigen Vaters, die zur
"Vernunft" zu bringen, schlagen fehl. Sie ist umgeben von totalem
Unverständnis, abgesehen von ihrem Schwager, der von ihr erotisch total fasziniert
ist, warum sei hier nicht verraten. Mit beklemmender Beharrlichkeit geht
Yong-Hye ihren Weg der Autonomie bis hin zur Selbstzerstörung. Die Geschichte
ist verstörend, zum Teil abstossend und immer faszinierend.
In beiden Büchern
geht es um das Thema der Autonomie vor dem Hintergrund einengender kultureller
und familiärer Normen und Erwartungen. Beide kann ich sehr empfehlen!
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