Dienstag, 18. Oktober 2016

Zwei Bücher zum Thema des Kampfes um Autonomie



                                         
                                         

 










 Liebe Lesefreunde

Heute möchte ich euch von zwei Büchern aus ganz unterschiedlichen Welten berichten. Das eine heisst: Eine Liebe im Kaukasus und ist geschrieben von Alissa Ganijewa, das andere heisst: Die Vegetarierin, und ist von der südkoreanischen Schriftstellerin Han Kang. Beide Bücher haben mich beeindruckt, deswegen möchte ich euch davon berichten.

Das erste Buch spielt in Dagestan, einem Land, von dem ich bisher nicht viel wusste. Es ist eine russische Republik und liegt eingeklemmt zwischen Georgien, Südrussland und dem Kaspischen Meer. Es beschreibt die Liebesgeschichte von Patja und Marat. Beide leben in Moskau und kommen in ihren Heimatort zurück. Patja ist bereits fünfundzwanzig und damit in der Augen ihrer Eltern an der Grenze zur alten Jungfer. Die ganze Sorgen und Trachten der Eltern der beiden ist darauf gerichtet, ihre Kinder zu verheiraten. Ohne Rücksicht auf die Wünsche und Vorstellungen der beiden wird organisiert, manipuliert und gemauschelt. Dabei ist er Druck der Eltern und Familie, verbunden mit den traditionellen Rollenvorstellungen und Bildern so stark, dass die beiden sich dem fast nicht entziehen können. In teils beklemmenden, teils grotesken, teil auch berührenden Szenen wird der Kampf der beiden um ihr Eigenständigkeit im Spannungsfeld zwischen ländlich- archaischen Vorstellungen und der Moderne in Moskau beschrieben. Sehr lesenswert!
Auch im zweiten Buch geht es um den Kampf um Autonomie, allerdings auf eine ganz andere Art. Die Autorin beschreibt darin das Leben von Yong-Hye, die mit ihrem Mann, dessen Interesse an ihr sich darauf beschränkt, dass sie ihn bekocht und gelegentlich mit ihm schläft, in Seoul eine unscheinbare, unauffällige Existenz lebt. Eines Tages beschliesst sie, kein Fleisch mehr zu essen, was in dem offenbar fleischbessenen Südkorea völlig aus dem Rahmen fällt. Alle Versuche ihres Mannes, ihrer Familie und ihres autoritär-gewalttätigen Vaters, die zur "Vernunft" zu bringen, schlagen fehl. Sie ist umgeben von totalem Unverständnis, abgesehen von ihrem Schwager, der von ihr erotisch total fasziniert ist, warum sei hier nicht verraten. Mit beklemmender Beharrlichkeit geht Yong-Hye ihren Weg der Autonomie bis hin zur Selbstzerstörung. Die Geschichte ist verstörend, zum Teil abstossend und immer faszinierend.
In beiden Büchern geht es um das Thema der Autonomie vor dem Hintergrund einengender kultureller und familiärer Normen und Erwartungen. Beide kann ich sehr empfehlen!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen